Wenig Nutzen durch Sauerstofftherapie?

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Antonia1971
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Wenig Nutzen durch Sauerstofftherapie?

Beitrag von Antonia1971 »

Hallo,
mein Vater ist an COPD mit Lungenemphysem in fortgeschrittenem Stadium erkrankt. Die Lungenfachärztin wollte ihm, obwohl er sehr kurzatmig ist, keinen Sauerstoff verschreiben, der pO2 war wohl bei der Untersuchung auch zu gut. Wir haben dann meinen Vater über den Hausarzt in eine Lungenfachklinik überweisen lassen. Dort bekam er LOT (Nasenbrille) verordnet und einen Konzentrator für die Nacht und ein mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff. Leider hat er beides viel zu wenig benutzt. Er sagt, der Sauerstoff bringe ihm nicht so viel und morgens fühle er sich total gerädert und er schiebt das auf den Sauerstoff. Allerdings hat er auch Probleme mit der Blase und muss nachts fast jede Stunde raus. Er kann also nie durchschlafen. Kann das sein, dass Sauerstoff über eine Nasenbrille bei COPD manchmal nichts oder wenig bringt? Ist es möglich, dass mein Vater das CO2 nicht richtig abatmen kann und er darunter mehr leidet als unter einer schlechten O2-Aufnahme? Ist der Sauerstoff da vielleicht sogar kontraproduktiv? Als mein Vater der Lungenfachärztin seine Probleme schilderte, meinte sie wohl: "Sehen Sie, aus dem Grund habe ich Ihnen keinen Sauerstoff verschrieben." Genauer erklärt hat sie es allerdings nicht. Ich würde mich freuen, wenn jemand aus dem Forum hier etwas dazu weiß.

Liebe Grüße
Antonia

Horst
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Re: Wenig Nutzen durch Sauerstofftherapie?

Beitrag von Horst »

Hallo Antonia, ich bin zwar selbst nicht betroffen, betreue aber jemanden, der COPD hat. Du hast wohl schon gemerkt, dass dieses Forum sehr zäh ist und dass man durchaus lange warten kann, bis jemand antwortet. Darum versuche ich es jetzt.
Der Gedanke, dass man durcht Sauerstoff morgens wie gerädert ist, kommt mir sehr fremd vor. Die Person, die ich betreue, stellt das stationäre Gerät sogar immer höher ein, als vom Arzt verordnet, weil in der Nacht ja auch oft durch den Mund geatmet wird - da höre ich überhaupt keine Klagen. Ich kann mir aber vorstellen, dass die Nasenbrille lästig ist. Da gibt es übrigens große Unterschiede, am weichsten und komfortabelsten sind nach unserer Erfahrung die von Salter Labs mit etwas gebogenen Kanülen (nein, ich kriege da keine Provision, aber wenn es hilft, kann man das ja mal erwähnen).
Außerdem könnte das Geräusch stören. Die Schläuche gibt es bis 15m Länge, da kann man das Gerät ja doch sehr weit weg stellen, etwa in einen entfernteren Raum, und den Schlauch unter der Tür durch leiten. Ich habe dafür ein Loch durch eine Holzwand gebohrt. Mehr fällt mir dazu nicht ein. Ich denke wirklich nicht, dass der Sauerstoff so einen schlechten Einfluss hat, immerhin geht man doch in Krankenhäusern sehr großzügig mit Sauerstoff um.
Grüße von Horst

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Antonia1971
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Re: Wenig Nutzen durch Sauerstofftherapie?

Beitrag von Antonia1971 »

Hallo Horst,

vielen Dank für deine Antwort. Ich habe auch schon bemerkt, dass es nicht mehr sehr viel Aktive im Forum gibt. Aber ich finde auch in den älteren Beiträgen sehr viele nützliche Informationen.
Mit der Nasenbrille hatten wir tatsächlich von Anfang an Probleme. Mein Vater hat irgendwie eine krumme Nasenscheidenwand, so dass es gar nicht möglich war, auch den zweiten Stutzen in das zweite Nasenloch einzuführen. Nach Recherchen im Internet habe ich dann die Nasal Oral Brille gefunden, früher als Oxynasor bekannt (ich bekomme auch keine Provision von denen...). Das ist soweit ich weiß die einzige Nasenbrille, die nicht in die Nase eingeführt wird, sondern oberhalb der Oberlippe aufliegt und da eine Sauerstoffwolke erzeugt, die sowohl über den Mund als auch über die Nase eingeatmet werden kann. Man hat dann allerdings mehr Verluste, aber ich habe mich nicht getraut, den Fluss höher zu drehen. Mein Vater fand diese Nasenbrille angenehmer und weniger störend. Das Geräusch des Konzentrators schien in nicht zu stören. Der Konzetrator stand in einem anderen Raum und war nicht so extrem laut. Außerdem hört mein Vater inzwischen auch schlecht, was hier ein Vorteil war. Trotzdem hat er den Konzentrator wieder abholen lassen und benutzt das mobile Teil mit Flüssigsauerstoff auch nachts.
Ich kann mir das auch nicht richtig erklären. Ich habe allerdings irgendwo auch gelesen, dass der CO2-Gehalt im Blut ansteigen kann, wenn das CO2 nicht richtig abgeatmet werden kann. Zuviel CO2 im Blut kann wohl auch zu einer CO2-Narkose führen. Davon habe ich hier im Forum gelesen. Vielleicht antwortet ja noch jemand, der diese Erfahrung auch gemacht hat oder eine Erklärung kennt.

Viele Grüße
Antonia

Horst
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Re: Wenig Nutzen durch Sauerstofftherapie?

Beitrag von Horst »

Hallo Antonia, nun habe ich aber mal eine Frage zu deinem Satz: "Trotzdem hat er den Konzentrator wieder abholen lassen und benutzt das mobile Teil mit Flüssigsauerstoff auch nachts."
Wie geht denn das? Habt ihr denn trotz Konzentrator noch ein Flüssigsauerstofffass? Ich kenne das mit dem Flüssigsauerstoff nur so, dass der in erster Linie für zu Hause ist, dass man ein großes Fass mit Sauerstoff hat, das alle zwei Wochen gefüllt wird und von dem aus man das Mobilgerät füllen kann. Wie füllt ihr denn das Mobilgerät mit Flüssigsauerstoff?
Interessiert mich einfach mal, ich dachte, ich kenne die verschiedenen Systeme, aber ist wohl doch nicht so.
Grüße von Horst

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Antonia1971
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Re: Wenig Nutzen durch Sauerstofftherapie?

Beitrag von Antonia1971 »

Horst hat geschrieben:Hallo Antonia, nun habe ich aber mal eine Frage zu deinem Satz: "Trotzdem hat er den Konzentrator wieder abholen lassen und benutzt das mobile Teil mit Flüssigsauerstoff auch nachts."
Wie geht denn das? Habt ihr denn trotz Konzentrator noch ein Flüssigsauerstofffass? Ich kenne das mit dem Flüssigsauerstoff nur so, dass der in erster Linie für zu Hause ist, dass man ein großes Fass mit Sauerstoff hat, das alle zwei Wochen gefüllt wird und von dem aus man das Mobilgerät füllen kann. Wie füllt ihr denn das Mobilgerät mit Flüssigsauerstoff?
Interessiert mich einfach mal, ich dachte, ich kenne die verschiedenen Systeme, aber ist wohl doch nicht so.
Grüße von Horst
Hallo Horst,

mein Vater hat(te) tatsächlich 2 Systeme, einen strombetriebenen Konzentrator, den er für die Nacht benutzen sollte und einen Flüssigsauerstofftank (steht in der Garage) inkl. mobilem (tragbarem) Teil, das er an dem großen Tank auffüllen kann.

Sieht in etwas so aus (ich weiß nicht, ob es genau das gleiche ist):
https://hul.de/produkt-kategorie/fluess ... stoff-lox/

Viele Grüße
Antonia

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Antonia1971
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Re: Wenig Nutzen durch Sauerstofftherapie?

Beitrag von Antonia1971 »

Hallo Curly,
danke für deine Antwort. Was du schreibst, würde meine Theorie stützen, das es am Ausatmen des CO2 liegt. Danke auch für den Link. Ich werde nochmal versuchen, meinem Vater die Lippenbremse nahe zu bringen, wenn es bei dir geholfen hat. Ich habe ihm da schon einmal ein Video geschickt, in dem das erklärt wurde. Leider wollte er es nicht ausprobieren. Er hat schon so resigniert.

Viele Grüße
Antonia

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hannomach
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Re: Wenig Nutzen durch Sauerstofftherapie?

Beitrag von hannomach »

Hallöchen,
also ich habe das so verstanden:
Die Lunge hat (unter anderem) 2 Funktionen:
a.) den Sauerstoff aus der Umgebungsluft in den Körper zu holen und
b.) das Kohlendioxyd aus dem Blut in die Ausatemluft abzugeben.
Nun gibt es verschiedene Arten von Schäden, die die Lunge erfahren kann. COPD ist typischerweise die Verengung der Bronchien, also der Transportwege für die Luft in der Lunge. Das Emphysem ist der Verlust der Elastizität der Lunge. Als Resultat von beiden bleibt etwas was man ganz grob mit einem Luftballon (gesunde Lunge) und einem Müllbeutel mit Strohhalm (kranke Lunge) vergleichen kann. Wichtig ist aber zu verstehen, dass das Zwerchfell bei einer gesunden Lunge beim Einatmen hilft, das ausatmen geht dann quasi von selbst. Bei der Emphysem Lunge hingegen muss die/der Betroffene aktiv so viel wie möglich Luft aus der Lunge drücken (abatmen). Das panische, hektische einatmen ist dabei schwer zu vermeiden. Also für mich ist bei Atemnot der Kutschersitz mit Lippenbremse das Beste. Beim ausatmen sage ich dann leise "ruuuuuuhich" um das ausatmen länger hinzuziehen und mich selbst zu beruhigen. Das Problem bleibt, dass die Atmung durch den Kohlendioxyd-Anteil im Blut gesteuert wird, andererseits wird aber auch die "Todesangst" durch dieses Kohlendioxyd gesteuert.
Ich habe auch schon oft von der "Sauerstoffnarkose" gehört. Angeblich kann ein Sauerstoffanteil von >98% dazu führen, dass man das Bewusstsein verliert, weswegen man nicht übertrieben viel Sauerstoff nehmen sollte. Auch habe ich gelesen, dass heutzutage eine Mischung aus viel Sauerstoff und wenig Kohlendioxyd besser sein soll, als die Gabe von reinem Sauerstoff. So eine Mischung kann man aber wohl nicht erhalten (noch nicht?).
Ansonsten Medikament, Sauerstoffmenge immer so wie der Arzt es will.
Beste Grüsse,
Guido


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Antonia1971
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Re: Wenig Nutzen durch Sauerstofftherapie?

Beitrag von Antonia1971 »

Hallo Guido,

das war für mich sehr interessant, was du geschrieben hast. Ich habe jetzt ein bisschen zu dem Thema Atemsteuerung/Sauerstoffnarkose recherchiert und das hier gefunden:

Zitat:
Besondere Vorsicht ist bei Patienten mit chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen oder ALS geboten: Die normale Atemsteuerung geschieht durch das Atemzentrum, wenn eine gewisse CO2-Konzentration im Blut erreicht ist. Chemorezeptoren in der Aorta und Arteria carotis messen ständig die CO2-Konzentration im Blut und geben die Werte an das Atemzentrum weiter. Bei den Patienten mit chronischer Ateminsuffizienz haben sich aber das Atemzentrum und die Rezeptoren an die ständig erhöhte CO2-Konzentration gewöhnt. Die Atmung wird nun über den verminderten O2-Gehalt des Blutes gesteuert. Den einzigen Atemantrieb stellt der Sauerstoffmangel im Blut dar. Wird dieser nun durch die Sauerstofftherapie behoben, entfällt der letzte Atemanreiz. Verabreicht man nun einem solchen Patienten reinen Sauerstoff, so wird der durch den O2-Mangel verursachte Atemreiz aufgehoben und es können Bewusstlosigkeit und Atemstillstand auftreten. Dies kann zu einem extremen Kohlendioxid-Anstieg und zur Atemlähmung ("CO2-Narkose") führen, die eine rasche Intubation erfordert, anderenfalls führt sie zum Tode.

Zitatende
Quelle: http://memorial.bplaced.net/lungenwiki/ ... msteuerung

Das passt zu dem, was du geschrieben hast.
Da mein Vater als Sauerstoffbrille diese Nasal Oral Brille (Oxynasor) benutzt, bei der der Sauerstoff nicht direkt in die Nase strömt, sondern vor Mund und Nase eine Art Wolke bildet, mischt sich der immer auch mit der Umgebungsluft, die ja ca. 78% Stickstoff enthält und auch Atemluft von der vorhergegangenen Ausatmung. Dadurch wird der Sauerstoffgehalt der Luft, die mein Vater dann einatmet, reduziert sein.

Aber ich werde versuchen, meinen Vater auf die Wichtigkeit des Ausatmens hinzuweisen.

Viele Grüße
Antonia

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Antonia1971
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Re: Wenig Nutzen durch Sauerstofftherapie?

Beitrag von Antonia1971 »

Hallo Curly,
ich befürchte, dass du Recht hast. Es bricht mir das Herz, zu sehen, wie schnell er abbaut. Ich denke manchmal, er stellt sich deswegen so quer, weil er das alles beschleunigen will. Er hat irgendwie keinen Lebensmut mehr. Nicht mal seine Enkel motivieren in, da mehr für sich zu tun. Er sagt, für ihn sei alles nur noch eine Plagerei. Auf der einen Seite denke ich, man muss akzeptieren, wenn ein Mensch nicht mehr kann und man muss ihn dann auch gehen lassen. Aber auf der anderen Seite denke ich, dass er eine Depression hat und deswegen so denkt. Wenn es ihm psychisch besser ginge, würde er vielleicht anders mit der Krankheit umgehen. Ich habe so viel Beiträge hier von tapferen Menschen gelesen, die sich auch jeden Tag plagen müssen und teilweise schon viel Schlimmeres mit dieser Krankheit erlebt haben als mein Vater. Trotzdem kämpfen sie um jeden Tag, versuchen aus ihrem Leben rauszuholen, was noch geht. Leider hat sich mein Vater, bedingt durch seine frühere unregelmäßige Schichtarbeit, keine richtigen Hobbies zugelegt. Er war aber immer gern handwerklich aktiv, hat viel in Haus und Garten gemacht. Jetzt kann er das alles nicht mehr. Ich werde aber trotzdem darum kämpfen, ihm so viel Erleichterung wie möglich zu verschaffen.

Viele Grüße
Antonia

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Antonia1971
Eisenlunge
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Re: Wenig Nutzen durch Sauerstofftherapie?

Beitrag von Antonia1971 »

Hallo Curly,
mein Vater wird jetzt im Sommer 79. Er hat seit seinem 13. Lebensjahr geraucht und es erst letztes Jahr aufgegeben. Fast ein kleines Wunder, dass er lange Zeit so fit blieb.

Antonia

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