Krankheitsbedingte Aggresivität? - Mutter wird aggressiv

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kassymaus
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Krankheitsbedingte Aggresivität? - Mutter wird aggressiv

Beitrag von kassymaus »

Hallo,

meine Mutter leidet an COPD - wie schon beschrieben. Eigentlich ist von der Grunderkrankung her alles okay. Sie braucht kein Sauerstoffgerät, es geht ihr soweit ganz gut. Leider fällt uns allen auf, dass sie eigentlich nur mit sich und ihren Krankheiten beschäftigt ist. Wenn einer von uns etwas sagt, was ihr nicht passt, dann wird sie sofort richtig giftig und motzt uns an. Besonders meinen Vater.... Er tut alles für sie. Aber wehe er macht eine - in ihren Augen - falsche Bemerkung, dann wird er sofort als A...loch betitelt. EGAL, ob jemand fremdes das mitbekommt oder nicht. In ein paar Wochen haben die beiden Goldene Hochzeit und bei uns Kindern sinkt so langsam die gute Stimmung dafür. Ich bin kurz davor meiner Mutter anzuraten, sich doch von dem "A...loch" zu trennen, damit jeder in Ruhe seinen Lebensabend verbringen kann.
Nun hat mir jemand gesagt, dass Aggresivität eine Begleiterscheinung von COPD ist. Stimmt das? Kann sie gar nichts dafür, dass sie nur am rummotzen ist? Tue ich ihr Unrecht, wenn ich gegenan halte und auch mal zurückmotze bzw. sie darauf aufmerksam mache, dass das eben gesagte nicht gerade angebracht war? Ich will nicht mit ihr streiten. Ich will ihr nicht weh tun. Ich will ihr helfen. Aber wieviel müssen wir stillschweigend ertragen?
Wenn ich wüsste, dass das agressive mit zu der Krankheit gehört, dann kann ich vielleicht besser damit umgehen.
Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? Wie hat sich der Charakter der Erkrankten verändert?
Danke!
Kassymaus

aerius
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Re: Aggresivität

Beitrag von aerius »

Hallo kassymaus,

ich bin in meiner Verzweiflung auch auf dieses Forum gestoßen, weil ich die gleichen Erfahrungen machen muss. Mein Lebensgefährte hat Stufe vier erreicht und war in diesem Monat fast nur im Krankenhaus. Dreimal Rettungswagen mit Alarm, beim dritten Mal Kampf ums Überleben. Morgen wird er wahrscheinlich entlassen. Seine Krankheit war ein schleichender Prozess und in den letzten 12 Monaten wurde es immer schlechter und auch genau so wie Du es beschreibst. Ich tue wirklich Alles für ihn und bekomme dafür eine Aggressivität ab, die mich schon oft in einer stillen Ecke hat weinen lassen. M.E. verändert sich die Psyche massiv, Aggressionen, Gedächtnisstörungen, nachlassende geistige Fähigkeiten vom körperlichen gar nicht zu reden. Und das ständige Reden von morgens bis abends über die eigenen Befindlichkeiten, jeder Pickel jedes Niesen, jeder blaue Fleck, der Blutdruck, alles dreht sich nur um ihn. Und dass schon seit mehreren Jahren auch bevor die Krankeit so schlimm wurde. Ich bin nur noch der Pfleger und der Mülleimer für Alles. Und dann denke ich auch immer, dass er doch nichts dafür kann und ein schwer kranker Mensch ist. Aber muss man sich denn wirklich alles gefallen lassen?? Und dann weiß man doch, auch wenn er sich aufregt, weil man einfach mal mit etwas rausplatzt, dass es dann mit der Luftnot noch schlimmer wird. Ich bin ziemlich am Ende meiner eigenen Kräfte. Es ist um so schlimmer, als ich erheblich jünger bin als er und auch noch einigermaßen fit, dass einem selbst nichts mehr bleibt.
Er hängt jetzt am Sauerstoff und ich frage mich wie das Leben weitergehen soll. Wahrscheinlich kann ich keine Stunde von zu Hause wegbleiben. Und das, wo ich in den letzten Jahren der immer weiter fortschreitenden Krankheit, schon auf alle Aktivitäten außer Haus verzichtet habe. Immerhin konnten wir noch zusammen Kaffeetrinken oder zum Essen fahren. Das ist wohl auch vorbei. Entschuldige, wenn das alles auch nicht erbaulich ist, aber irgendwie konnte ich nicht anders als so zu schreiben.

Ich wünsche uns Angehörigen ganz viel Kraft. Es ist eine furchtbare Krankheit.

Viele Grüße

aerius

Nick
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Re: Aggresivität

Beitrag von Nick »

Hallo zusammen,

mir geht es ähnlich. Mein Partner hat letztes Jahr eine schwere 6 stündige OP hinter sich, hatte eine 22 cm Durchmesser große Bulla, hat COPD und Asbestose. Ich habe einiges hinter mir. Wir haben uns kennen gelernt, als er noch gesund war. Von heute auf morgen krank, schon wahnsinn. Er hat sich in seiner Art und Weise so verändert, das tut mir weh, man ist ratlos, man kann nichts tun. Der Mensch selber merkt es nicht. Jedes Wort, egal was man tut, was man sagt, wenn man was liebes möchte....nur meckern, moppern, man kommt von der Arbeit werde ich direkt angemacht, weil ihm wieder was quer hängt. Beleidigt und beschimpft einen, wo man nichts gemacht hat. Er ist stellenweise so in sich gekehrt, das ich nicht an ihn ran komme. Er war so lieb, zuvorkommend, aufmerksam, hat zugehört, was er auch nicht mehr tut. Bsp. er kocht, sagt zu mir, geh duschen, bin fertig, wir essen zusammen, waschen ab und auf einmal sagt er mir geh jetzt duschen, ich so, ich war schon. Er...wann? Ich...als du am Herd warst. Er... hab ich nicht mitbekommen.
Ich bin sprachlos, es ist schwer damit umzugehen....Wie macht ihr das? habt ihr ein Tip für mich?

Anie
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Re: Aggresivität

Beitrag von Anie »

Hallo ihr,
Genau darum hab ich mich hier angemeldet denn wenn ich das hier so lese fällt mir ein Stein vom Herzen. Endlich Menschen die genau das durch machen wie ich, ihr beschreibt was auch ich durch mache. Mein Mann hat Copd Gold 4 und kann eigentlich nichts mehr alleine. Ich liebe ihn keine Frage aber seine "Stimmungen" sind oft unerträglich, manchmal boller ich zurück weil immer nur einstecken kann ich auch nicht aber dann ist er beleidigt und meint ich wäre ungerecht. Vielleicht bin ich das auch, vielleicht könnte ich das ja jedesmal über mich ergehen lassen. Aber will ich das? Ich weiß das ich mich durch seine Krankheit auch verändert habe, ich bin anderen Menschen wie Familie und Kollegen gegenüber sehr hart geworden und oft (gerade in letzter Zeit) lasse ich meinen Frust an ihnen aus. Ich will das gar nicht aber ich bin so neidisch, so frustriert weil sie gesunde Partner haben. Sie wissen nicht wie gut sie es doch haben sich nicht ständig mit dem drumherum dieser Krankheit auseinandersetzen. Früher habe ich mich mit und für andere gefreut aber das fällt mir mittlerweile sehr schwer, es macht mich oft so wütend das ich unsere Kinder alleine aufwachsen sehen werde und er später nie mit mir unsere Enkel auf dem Schoß sitzen haben wird. Ich hasse diese Krankheit .Keiner hat sowas verdient . Ich hasse es zuzusehen wie er sich oft quält und ich hasse es das ich nicht mehr machen kann. Manchmal weine ich weil ich mich so hilflos fühle aber trotzdem ist er meine große Liebe und ich werde weiterhin alles tun um ihn sein leben zu erleichtern. Es tut mir leid das ihr auch diese furchtbare Krankheit habt oder euch damit als Partner auseinandersetzen müsst. Ich wünsche uns allen Kraft und Energie weiterzumachen.

Lg Anie

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HeikeGaupp
Eisenlunge & Uhrgestein
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Re: Aggresivität

Beitrag von HeikeGaupp »

Ich habe mir jetzt die Artikel , auf dieser Seite , durchgelesen. Ich selbst bin Patient mit COPD Gold 4. Jedoch muss ich sagen, dass ich dieses Erscheinungsbild wie Ihr die Patienten darstellt nicht für mich annehmen kann. Ich kümmere mich allein um meinen Haushalt, nach dem Auszug meiner Tochter. Zu Weihnachten hat sie mir einen Rollator geschenkt, damit ich einkaufen gehen kann---und das tu ich mit großer Lust. Jeden Tag setze ich mir ein Ziel, dass ich erreichen möchte, auch wenn die Arbeiten langsam vorran gehen....na und was soll`s. Im Januar habe ich mir aus dem Tierheim einen "Stubentiger" geholt ( nach Absprache meiner Ärzte). Dieses kleine Wesen ist mein ganz großer "Ruhepol". Ich bin seit dem viel ausgeglichener und habe dadurch auch viel mehr Spass am Leben. Sicher, an trüben Tagen ist meine Stimmung auch unten....aber ist das nicht bei jedem so ?
Ein Rat : COPD-Patienten brauchen ein Erfolgserlebnis, dass spornt sie an ! Wer aufhört zu kämpfen, der hat schon verloren !
Heike :|

Towanda
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Re: Aggresivität

Beitrag von Towanda »

Hallo zusammen,
mein Mann hat COPD 4 Gold und ist teilweise nicht wiederzuerlangen, er ist sehr aggressiv und verbal gemein! Wir sind mittlerweile 34 Jahre zusammen und so kenne ich ihn gar nicht! Wie andere Teilnehmer auch geschrieben haben, dreht sich alles nur noch um seine Befindlichkeiten und wie es mir geht, interessiert ihn überhaupt nicht mehr, obwohl ich MS habe und auch nicht nur gute Tage habe und mir z.B. das Laufen an manchen Tagen sehr schwer fällt. Manchmal habe ich das Gefühl, er wartet nur darauf, dass ich mich hinsetze, um irgendwas geholt haben möchte und ich wieder aufstehen muss!
Angeblich braucht er mich aber nicht, obwohl ich mittlerweile, außer kochen, alles alleine mache. Er verlässt manchmal wochenlang die Wohnung nicht mehr, weil es entweder zu kalt, warm oder feucht ist, Ärzte sucht er, außer den dreimonatigen Untersuchungen, auch nicht auf, auch wenn es ihm schlechter geht, weil die "alle keine Ahnung haben und ihm sowieso nicht helfen können". Ich bin mit meinen Kräften fast am Ende, ich liebe ihn, aber ich weiss nicht wie ich mich verhalten soll, dagegen halten oder ebenfalls schimpfen!

Aileene24
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Re: Krankheitsbedingte Aggresivität? - Mutter wird aggressiv

Beitrag von Aileene24 »

Das ist interessant. Meine Oma lebte bis jetzt alleine auf ihrem Bauernhof, nachdem mein Opa vor 7 Jahren verstorben ist. Die hatten Landwirtschaft. Sie ist eigentlich nie länger als 2 - 3 Stunden allein. Es kommt immer jemand vorbei und schaut nach ihr. Aber sie weigert sich, mehr Pflege und Betreuung anzunehmen, als unbedingt nötig.

Bevor der Hund am Donnerstag eingeschläfert wurde, hat sie ihn in letzter Zeit immer so aggressiv angemotzt. Er hatte eine Krankheit und konnte nicht mehr richtig laufen und aufstehen. Deshalb lag er oft im Weg herum und konnte nicht so gut weg. Da ist sie sofort aggressiv und laut geworden. Das merkte man schon. Der Hund und die Katze waren die einzigen, die 24/7 um sie herum waren. Die bekamen das in dem Fall dann ab. Aber auch ab und zu ihren Kinder gegenüber, ist sie so pampig. Uns Enkeln gegenüber ist sie äußerst selten so. Eigentlich so gut wie nie.

Mir ist das erst beim Lesen dieses Eintrags hier aufgefallen, dass das auch krankheitsbedingt sein kann. Ich dachte immer, die sei halt so.

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